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Von der Apotheke zum Gesundheitskonzern

Seit 1912 ist Fresenius dem medizinischen Fortschritt und der Gesundheit der Menschen in aller Welt verpflichtet.

Das Auto rattert, als es um die Ecke biegt. Zielstrebig schlängelt es sich durch die Straßen der Frankfurter Innenstadt – vorbei an Fahrrädern, Passanten und Pferdekutschen. Wir befinden uns im Jahr 1912. Das Auto gehört zur Hirsch-Apotheke, eine der ältesten Arzneimittelhandlungen der Stadt. Leiter der Apotheke ist Dr. Eduard Fresenius.

Im Kofferraum des Automobils lagern verschiedene Produkte gegen Haut- und Erkältungskrankheiten sowie sterile Lösungen zur Injektion. Der Fahrer ist unterwegs zu Kurbädern in der näheren Umgebung von Frankfurt. Regelmäßig beliefert er die Bäder mit den Produkten der Hirsch-Apotheke. Spaziergänger blicken dem Auto hinterher. Zu dieser Zeit ist das Straßenbild noch von Pferdefuhrwerken und Fahrrädern geprägt – das Auto erregt Aufmerksamkeit. Dennoch investiert Eduard Fresenius sogleich in die neue Technologie, als er die Apotheke von seinem Vater übernimmt. Die rasche Auslieferung von Medikamenten an Patienten ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Die Hirsch-Apotheke verfügt über eine lange Tradition: Bis ins 15. Jahrhundert lässt sich ihre Geschichte zurückverfolgen. Seit den 1870er Jahren ist sie im Besitz der Familie Fresenius. Als Eduard Fresenius die Leitung übernimmt, hat er große Pläne. 1912 gründet er im Hinterhaus der Arzneimittelhandlung das Unternehmen „Dr. Eduard Fresenius chemisch-pharmazeutische Industrie“ und legt damit den Grundstein für den heutigen Gesundheitskonzern. Aus dem Labor der Apotheke entsteht so ein kleiner pharmazeutischer Betrieb.

Eine Spezialität von Eduard Fresenius sind Lösungen von reinstem, destilliertem Wasser. Der schnelle Erfolg des Unternehmens gründet außerdem auf zahlreichen Kooperationen, die Eduard Fresenius mit bekannten Medizinern eingeht. Für den Nobelpreisträger Paul Ehrlich stellt Fresenius beispielsweise die Lösung „Injectio Fresenius“ her, die für dessen Syphilis-Heilmittel benötigt wird. Unter dem Namen Ampuwa, kurz für Ampullenwasser, ist die Lösung noch heute Teil des Sortiments von Fresenius.

„Eine Apotheke heute? Wir müssen sie vergrößern oder um etwas Neues ergänzen.“ (Dr. Eduard Fresenius)

Bis 1934 betreibt Eduard Fresenius das Unternehmen in der Frankfurter Apotheke, dann verlegt er den Firmensitz nach Bad Homburg. Der Unternehmensgründer hat zahlreiche Einfälle, seinen Betrieb bekannt zu machen. Häufig ist er mit diesen Ideen seiner Zeit voraus. Anfang der 1930er Jahre veröffentlicht er ein Unterhaltungsblatt der Hirsch-Apotheke. Ein paar Jahre später eröffnet er in Bad Homburg einen Diät-Pavillon. Während der Sommermonate können die Gäste hier frische Obst- und Gemüsesäfte zu sich nehmen. Nach ärztlicher Verordnung stellen die Mitarbeiter von Fresenius für Diät-Patienten auch spezielle Getränke bereit. Besonders beliebt sind die Milchmischgetränke, eine frühe Form des Milchshakes.

Die Umsetzung der großen Ideen ist jedoch kostspielig. In finanziellen Belangen hat Eduard Fresenius keine glückliche Hand. Auch die kommenden Jahre sind für den Unternehmer herausfordernd: Während des zweiten Weltkriegs verliert er den Kontakt zu vielen wichtigen Geschäftspartnern. Der NSDAP tritt er nicht bei. Durch die Belieferung der Wehrmacht mit Medikamenten, wie der Freka-Frostschutzsalbe, nimmt die Produktion im Unternehmen zeitweilig zu.

Nach dem Krieg steht Eduard Fresenius vor den Trümmern seiner Existenz: Die Hirsch-Apotheke ist durch die Bombenangriffe komplett zerstört. Rohstoffengpässe machen die Produktion in Bad Homburg unmöglich. Mitten in der Neuorganisation seines Betriebs stirbt Dr. Fresenius im Februar 1946 überraschend. Seinen Besitz vermacht er seiner Ziehtochter Else Kröner, geborene Fernau.

Mit gerade einmal 26 Jahren übernimmt sie die Hirsch-Apotheke und die Leitung über den Betrieb. Als frisch approbierte Apothekerin kennt Else Kröner sich gut mit Pharmazie aus, stößt aber im betriebswirtschaftlichen Bereich bald an ihre Grenzen. Die erforderlichen Kenntnisse eignet sie sich im Abendstudium an einer privaten Handelsschule in Frankfurt an. Fast zwölf Stunden verbringt sie täglich im Betrieb und arbeitet beharrlich daran, die Firma in den schwierigen Jahren wieder aufzubauen. Unter der Belegschaft erwirbt sie sich für ihren Einsatz viel Respekt und Ansehen. Die Leitung der Hirsch-Apotheke übergibt sie schließlich einem Apothekerkollegen. Sie selbst konzentriert sich auf die Führung des Bad Homburger Unternehmens. Mit großem Engagement baut sie Fresenius zusammen mit ihrem späteren Mann Hans Kröner in den folgenden Jahren zu einem weltweit tätigen Gesundheitskonzern aus.

Else und Hans Kröner wissen, dass sie das Unternehmen nur dann erhalten können, wenn es ihnen gelingt, mit neuen Ideen zu wachsen. Mit ihren Mitarbeitern machen sie sich auf die Suche nach Neuem – und werden bald fündig. Seit den Anfangstagen liegt die Expertise des Unternehmens bei Infusionslösungen. Fresenius weitet die Produktpalette in den folgenden Jahren immer weiter aus und entwickelt neue Ernährungs- und Volumenersatzlösungen sowie Generika, die über Infusionen verabreicht werden. Das Unternehmen arbeitet jedoch nicht nur an den eigentlichen Lösungen, sondern auch an deren Verpackung. Bis in die 1960er Jahre werden Infusionslösungen noch in Glasflaschen gelagert. Fresenius gelingt es, spezielle Kunststoffbeutel und –flaschen zu entwickeln. Die leicht handhabbaren und bruchsicheren Plastikgefäße sind auf dem Markt sofort ein großer Erfolg.

Als Produzent von Lösungen für die Dialyse kommt das mittelständische Unternehmen Fresenius in den 1960er Jahren erstmals mit Dialysatoren in Berührung. Dialysatoren sind Blutfilter, mit deren Hilfe während einer Dialysebehandlung das Blut von Patienten mit chronischem Nierenversagen gereinigt wird. Eine solche Behandlung ist für Nierenkranke lebensnotwendig – zu der Zeit aber sehr aufwendig und kostspielig. Nur wenige Patienten können therapiert werden. Fresenius erfährt aus der Presse von der verzweifelten Lage vieler Nierenkranker und beginnt, amerikanische Dialysegeräte zu importieren. Durch die Wartung der Geräte wächst auch das technische Know-how der Fresenius-Mitarbeiter. In den 1970er Jahren entwickelt das Unternehmen schließlich im neu erworbenen Werk in Schweinfurt die ersten eigenen Dialysegeräte. Durch stetige Verbesserung von Material und Technik optimiert das Unternehmen in den Folgejahren die Dialysebehandlung für nierenkranke Patienten immer weiter. In den 1980er Jahren gelingt es Fresenius eine Faser aus Polysulfon zu entwickeln, die das Blut fast so effektiv reinigt wie die menschliche Niere. Bis heute sind Blutfilter aus diesem Material der Standard in der Dialyse.

Die folgenden Jahre sind von zahlreichen strategischen Übernahmen geprägt: 1996 geht aus dem Zusammenschluss der Dialysesparte von Fresenius mit dem amerikanischen Dialyseanbieter National Medical Care der neue Unternehmensbereich Fresenius Medical Care hervor. Dadurch wird Fresenius zu einem der größten Dialysedienstleister weltweit. Im selben Jahr erwirbt Fresenius die Mehrheit an dem Krankenhausdienstleister VAMED AG. Ursprünglich für die Planung und den Bau des Allgemeinen Krankenhauses Wien gegründet, wird VAMED zu einem weiteren Unternehmensbereich des Gesundheitskonzerns. Durch den Erwerb des internationalen Infusionsgeschäfts von Pharmacia & Upjohn im Jahr 1999 entsteht schließlich der Unternehmensbereich Fresenius Kabi. Weltweit folgen zahlreiche weitere Akquisitionen, durch die das Unternehmen auch in den US-Pharmamarkt einsteigt und eine führende Rolle im weltweiten Geschäft mit generischen I.V.-Arzneimitteln einnimmt. Im Jahr 2005 übernimmt Fresenius den privaten Krankenhausbetreiber HELIOS Kliniken GmbH und führt ihn mit den bereits 2001 übernommenen Wittgensteiner Kliniken zusammen. So entsteht der Unternehmensbereich Fresenius Helios. 2013 übernimmt Fresenius Helios 41 Krankenhäuser der Rhön-Kliniken und wird damit zum größten Krankenhausbetreiber in Deutschland.

Kaum ein europäisches Unternehmen ist in den vergangenen Jahren so dynamisch gewachsen wie Fresenius. Inzwischen arbeiten mehr als 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der ganzen Welt für den Gesundheitskonzern. Was einst als kleines Apotheken-Labor begann, ist heute ein weltweit führender Gesundheitskonzern, der in mehr als 80 Ländern auf der Welt vertreten ist. Der kleine, familiäre Betrieb, den Dr. Eduard Fresenius bis zu seinem Tod führte, unterscheidet sich vom heutigen Unternehmen in vielen Dingen. Die grundlegenden Werte unseres Unternehmens aber sind unverändert. Leben zu erhalten und die Lebensqualität kranker Menschen zu verbessern, ist seit mehr als 100 Jahren unser Antrieb. „Forward thinking healthcare“ formuliert unseren Anspruch für die Zukunft: immer bessere Medizin für immer mehr Menschen.

100 Jahre Fresenius

Seit mehr als 100 Jahren arbeitet Fresenius daran, die Lebensqualität kranker Menschen überall auf der Welt zu verbessern. Der Film, entstanden zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2012, zeichnet nicht nur die Entwicklung des Unternehmens nach, sondern bettet sie in Geschichten von Menschen ein, denen Fresenius geholfen hat und immer noch hilft.